Donnerstag, 10. April 2014

"Wir können hier was erschaffen, was irgendwann mal Schule machen könnte" Interview mit den Fußball-Jugendleitern Paul Schäfer und Ingo Arndt-Granderath.

Beim ASV Bergedorf 85 wird es zur nächsten Saison auch wieder Jugendfußball geben. Ihr seid verantwortlich für den Jugendbereich. Was ist Euch am Wichtigsten, den jungen Kickern zu vermitteln?

Paul: Dass ein Verein weit mehr ist als ein Ort, wo man Fußball spielt, es eine Institution sein kann, mit der man sich identifiziert und auf die man stolz ist. Ein Ort, an dem man sich wohl fühlt und Freunde trifft.
Ingo: Wir öffnen uns allen Kindern, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter, Talent oder Leistungsvermögen. Jedes Kind sollte entsprechend seiner Neigung und Fähigkeit gefördert werden. Dabei soll das gesamte Spartenangebot des ASV Bergedorf 85 berücksichtigt werden. Wir wünschen uns eine mannschaftsübergreifende Identität des Kindes mit dem Verein und eine daraus wachsende Kultur. Das wichtigste ist natürlich der Spaß am Fußball, die Freude an körperlicher Leistung und an erlebender Gemeinschaft. Aber auch Werte wie Gemeinschaft, Fairness, Toleranz wollen wir den Kindern vorleben.

Paul, Du kommst nicht aus Hamburg. Dein Herz schlägt für einen ganz kleinen Verein…
Was hat Dich an Alster, Elbe und natürlich die Bille verschlagen? Welche Erfahrungen aus Deiner alten sportlichen Heimat möchtest Du mit nach Bergedorf nehmen?

Paul: Nach Hamburg bin ich aus beruflichen Gründen gekommen. Ich bin Berufsschullehrer und nach meinem Studium in Hannover und meinem Referendariat in Nienburg stand für mich schnell fest, dass ich in Hamburg leben und arbeiten möchte. In meinem Leben spielt Fußball eine erhebliche Rolle und so war es nur logisch, dass ich mich hier nach einem neuen Verein umsehen wollte.
Auf die Elstern bin ich über meinen Kumpel Ingo aufmerksam geworden, der mir von dieser einmaligen Gelegenheit, sich an einem Neuanfang zu beteiligen, erzählte.
Lange musste ich nicht überlegen, spätestens nachdem ich die Menschen und die Köpfe des Vereins hier kennen gelernt habe war ich Feuer und Flamme.
Ich selbst bin auf dem Land aufgewachsen und habe dort beim TuS St.Hülfe Heede das Kicken gelernt. Ich blicke zwar nicht auf eine imposante Fußball Karriere zurück, dafür durfte ich aber lernen, was es bedeutet, sich mit einem Verein zu identifizieren. Rückblickend kann ich sagen, der Verein und seine Menschen haben mich für mein Leben geprägt. Ich war Teil dieses Vereins und selbst jetzt nach ca. zehn Jahren fühle ich mich dort wohl und willkommen. Es sind zum Teil immer noch dieselben „alten Herren“ die mich damals von der Seitenlinie abgefeiert haben, wenn ich meinen Gegner sauber abgegrätscht habe, oder die, die wir mit 16 Jahren als Fanklub mit Trommel und Gesang zu jedem Spiel begleitet haben und die mich heute herzlich begrüßen, wenn ich mal wieder vorbeischaue.
Und so eine oder ähnliche Vereinskultur möchte ich hier erschaffen. Ich möchte, dass man zu uns kommt, weil es Spaß macht oder weil man ein Teil des Vereins sein möchte und weil man eine gute Fußball Ausbildung erfährt und nicht, weil einem irgendwer Handgeld anbietet. Unsere Chance ist der Neubeginn.Wir können hier was erschaffen, was irgendwann mal Schule machen könnte.

Hingegen kann man Ingo ohne Wenn und Aber als eine eingefleischte Elster betiteln. Magst du bitte Deine sportliche Sozialisation und Motivation verraten?

Ingo: Es ist natürlich total klasse, die Chance zu bekommen bei dem Verein seines Herzens, seiner Kindheit, noch dazu mit diesen tollen Menschen so tragend mit eingebunden zu werden. Bei den Gedanken an die grandiosen Erlebnisse, die ich seit meinem 6. Lebensjahr an den Sander Tannen miterleben durfte, in einem der letzten echten Stadien in Hamburg - da geht mir das Herz auf. Aber bei all der Tradition dürfen wir neben dem Schwärmen auch nicht unterschätzen, dass uns eine wichtige Aufgabe bevorsteht. Wir möchten die Kinder ganzheitlich und nachhaltig ausbilden und in der Persönlichkeitsentwicklung unterstützen. Eigenverantwortlichkeit, Eigeninitiative, Selbstbewusstsein und Selbstkritik sollen gefördert werden. Ich bin ja froh, dass wir mit Manni und Paul zwei Pädagogen im Team haben. Eine Gemeinschaft wie eine Fußballmannschaft prägt die Kinder natürlich mit und daher ist unsere Verantwortung schon recht groß. Wir müssen gemeinsam mit der Aufgabe wachsen, sie in unseren jetzigen Alltag auch verträglich einbinden, so dass Dinge dann auch irgendwann automatisch funktionieren.

Habt Ihr schon im Jugendbereich gearbeitet?

Ingo: Ich bin Trainer einer F-Jugend beim SVCN. Das ist eine tolle Mannschaft, der ich weiterhin als großer Fan erhalten bleibe.
Paul: Ich habe schon früh angefangen, mich ehrenamtlich zu engagieren, da war ich selbst noch Jugendlicher, wodurch ich in unterschiedlichsten Funktionen und Positionen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet habe. Auch als Jugendtrainer durfte ich schon einige Erfahrung sammeln. Durch meinen Beruf als Lehrer habe ich tag täglich mit Jugendlichen zu tun, was ich durchaus als meine Berufung sehe.

Mal ganz konkret zum Training: Wie sähe bei Euch jeweils eine Übungsstunde aus ?

Paul: Das ist ganz stark von der Altersklasse abhängig, bei den ganz Jungen geht es in erster Linie um den Spaß an der Bewegung und ab der D-Jugend wird es immer konkreter- erst die Technik, später dann taktische Ausrichtung und individuelle Förderung der einzelnen Stärken. Im Vordergrund steht aber immer der Spaß am Fußball!
Ingo: Ich kann jetzt auch nur für meine Altersklasse (2006) sprechen. Da beginnt unser Training mit einer kurzen Gesprächsrunde, in der wir über das letzte Spiel reden und ich erkläre, was für heute der Plan ist. In der Aufwärmphase machen wir Fang-Tummel-und Koordinationsspiele. Mit Ball oder ohne. Im Hauptteil geht’s dann an die Basistechniken: Dribbling, An-und Mitnahme, Spannschuß , klassische Spielsituationen. Zum Schluss das berühmte freie Spiel. Zum Ende setzen wir uns zusammen und sprechen nochmal kurz über das was wir heute gemacht haben. Schlachtruf. Feierabend.

..und dann stehen auch schon die ersten Punktspiele auf dem Programm. Wie ehrgeizig seid Ihr?

Paul: Ehrgeiz ist sicherlich eine wichtige Tugend, und wir sind mit Sicherheit sehr ehrgeizig, wenn es um das Thema Fußball geht. Allerdings bin ich der Meinung, dass zu viel Ehrgeiz den Kinder- und Jugendfußball stört. Die Kinder und Jugendlichen sollen beim Sport Stress und Alltagssorgen abbauen und nicht durch falschen Ehrgeiz neuen Stress aufbauen. Jeder Spieler, der sein Leistungsmaximum abrufen will, kann dieses erst tun, wenn er befreit aufspielen kann und keinen Druck von außen erfährt.
Ingo:Ich habe natürlich auch nichts gegen gewonnene Spiele. Aber zunächst einmal sollten wir dankbar sein, dass wir überhaupt wieder Fußball spielen dürfen für diesen Verein. Wenn dann am Anfang der nächsten Saison ein, zwei oder drei Mannschaften komplett und würdig auf dem Feld stehen, dann haben wir schon viel erreicht.

Wer jetzt neugierig geworden ist, wen sucht Ihr, wie kann man Kontakt zu Euch aufnehmen?

Wir suchen Trainer oder junge Menschen, die Trainer werden wollen, viele Kinder, die Lust haben, Fußball zu spielen und Eltern, die die Idee der Kinder mittragen.
Am besten schreibt man uns eine Mail an jugendfussball@asv-bergedorf85.de oder ruft uns an:
(040) 738 18 85
Wir werden bis Mitte Mai auch mindestens zwei Schnuppertrainings anbieten. Diese Termine werden wir kommunizieren, sobald sie feststehen


Was kostet die Mitgliedschaft, was sind die Gegenleistungen des Vereins ?

Jeder Spieler, der ab jetzt dem ASV beitritt, ist bis zum 31.08.14 vom Beitrag befreit. Eine Aufnahmegebühr ist auch nicht fällig. Wir können leider nicht jedem Kind garantieren, dass es in einer Mannschaft unterkommt. Daher diese Sonderaktion.
Wir appellieren zunächst ganz kräftig an die Eltern von Kindern der Jahrgänge 2005 -2008, denn F- und E- Jugendmannschaften wollen wir auf jeden Fall ins Rennen schicken. Wenn ein Kind dann fest in einer Mannschaft unterkommt beträgt der Beitrag 12,60 im Monat. Wir gewährleisten einen zuverlässigen Trainings-und Spielbetrieb mit allem, was dazu benötigt wird. Wir bieten die Möglichkeit, diesem alten Verein wieder neues Fußballeben einzuhauchen. Wir bieten aber auch einen Breitensportverein, in dem man nicht nur Fußball,  sondern auch noch ganz viele tolle andere Sportarten ausüben kann.

Kein Interview mehr ohne die Fee.. Paul und Ingo, bitte jeweils Eure Wünsche ?
Paul: Ich wünsche mir, dass der HSV erstklassig bleibt, alles andere haben wir selbst in der Hand.
Ingo: Eine gesunde und würdige Saison aller ASV Mannschaften, 1000 Bergedorfer Fans beim Pokalsieg 2020 an der Hoheluft und ein darauf folgendes 1:0 gegen die Bayern an den Sander Tannen.

Vielen Dank für das Interview !!!

Foto: Michael Ackermann